Neulich vor dem Tatort: Pelle Carlberg in der Kölner Wohngemeinschaft

by - März 25, 2014


Am Montag fand bei mir daheim ein Konzert statt, und zwar mit dem schwedischen Sänger Pelle Carlberg. Eigentlich hätte man dessen Ankunft also bequem auf dem heimischen Sofa abwarten können, stattdessen fuhren wir aber am Sonntag nach Köln, um das Konzert des Vorabends auch mitzunehmen. Schließlich kann man ja nicht wissen, wie viel man von einem selbst veranstalteten Konzert mitbekommt, außerdem konnte sich man auf diese Weise dem Künstler vorstellen, bevor sich dieser am nächsten Tag Richtung Westerwald ins für ihn Ungewisse aufmachen sollte.

Die Wohngemeinschaft ist ein gemütliches Café im Retrostil mit zahlreichen lustigen Ecken, etwa einem Tischtennisraum und einem alten VW-Bus. Außerdem hat sie einen kleinen Konzertsaal, wobei dessen Bühne ebenfalls den Charme eines 60er-Jahre-Wohnzimmers und auch dessen Ausstattung hat. Der bestuhlte Zuschauerraum war nach dem Einlass schnell komplett gefüllt, so dass das Konzert bereits kurz nach halb sieben losgehen konnte.


Pelle Carlberg ist bei seiner aktuellen Tournee allein mit seiner Gitarre unterwegs. Er ist einer dieser Musiker, die zu so gut wie jedem ihrer Songs eine Geschichte erzählen können, entsprechend wurde zwischen den einzelnen Liedern viel gesprochen. Zunächst erfuhren wir, dass Pelles Lieblingsmannschaft aus Uppsala im schwedischen Fußballpokalwettbewerb einen der Favoriten geschlagen habe, weshalb der Sänger beste Laune hatte.

Vor dem neuen "Replaceable?" fragte er kurz in die Runde, wer ihn schon live gesehen habe und erklärte dann: "For those of you that know my music, this is a new song. For the rest of you .. I guess it's just another song." Außerdem habe er das Lied vor seiner Abreise für seine Tochter und deren Freundin gespielt, um die Behauptung der Tochter, dass er "Rockstar" sei, zu belegen. Nach der ersten Strophe habe aber ein iPhone gesummt und beide Mädchen hätten sofort das Interesse an dem Song verloren und ihn entlassen. Wenig später folgte das ebenfalls neue "Loser of the century".


Vor "Metal to metal" hörten wir eine längere Geschichte über eine Fahrt im Minivan nach Berlin, wo das neue Auto plötzlich unerklärlicherweise in Wedding liegen blieb - bis ein schließlich gerufener Mechaniker erklärte, "metal to metal" sei in einem Motor nicht so gut, weshalb es unerlässlich sei, als Fahrer auch ans Öl zu denken. Dieses Missgeschick regte Pelles damalige Frau so auf, dass es letztlich die Trennung vorbereitete, weshalb einem das Lachen bei diesem an und für sich eher humorvollen Song im Halse stecken blieb. Außerdem erklärte Pelle anschließend in Bezug auf den vorangegangenen Song, wegen dieser Geschichte sei er der "Loser of the century".

Nach einer kurzen Pause, die der recht verschwitzte Pelle nutzte, um sich umzuziehen (wobei er sich hinsichtlich des Bühnenoutfitwechsels scherzhaft mit Madonna verglich), ging es weiter mit den Liedern und Geschichten: "Because I'm Worth It" bezieht sich auf eine These von Pelles Vater, dass die Generation der in den 70er Jahren Geborenen die erste sei, die unbedingt alles haben wolle. "Crying all the way to the pawnshop" ist das von Pelle erdachte Gegenteil zur Redensart "Laughing all the way to the bank", "How I broke my foot and met Jesus" handelt von einer schmerzhaften Sportverletzung mit anschließender Morphiumverabreichung. "Salt" ist ein neuer, ernster und trauriger Song über Liebeskummer und -schmerzen und "Go to hell, Miss Rydell" ein älteres Lied über einen wütenden Anruf bei einer Musikjournalistin, die Pelles Band Edson verrissen hatte.


Manchmal nahmen die Erzählungen mehr Zeit in Anspruch als die eigentlichen Songs, und wir wurden auch an einer Stelle besorgt gefragt, ob das störe. Aber natürlich verneinten alle, denn die lustigen Geschichten machen ja gerade den Charme eines Pelle Carlberg-Konzertes aus.

Letztes Lied des Hauptteils bildete das lang-betitelte (Pelle zählte uns die 13 Worte vor) "Clever girls like clever boys much more than clever boys like clever girls", was auch einst der erste Song war, den ich von dem Künstler kannte - es ist auch bis heute mein Lieblingslied.


Natürlich folgten noch Zugaben, zunächst das von der ebenfalls schwedischen Band I'm from Barcelona inspirierte "Pamplona", vor dem Pelle ins Publikum fragte, ob wir gerne mitsingen würden, was ein einziges, weibliches, durchaus begeistertes "Yay!" erntete - und anschließend natürlich großes Gelächter. Außerdem wurden wir besorgt gefragt, ob wir denn noch Zeit hätten, gleich käme doch diese Krimiserie, "German CSI".

Dadurch, dass wir als Publikum bestätigten, es nicht sonderlich eilig zu haben, verdienten wir uns noch zwei Zugaben, nämlich eine recht gruselige Coverversion des ohnehin eher unschönen "I believe in a thing called love" von The Darkness, zuletzt folgte "Tired Of Being PC", bei dem es einige charmante Textprobleme gab.

Anschließend und nach begeistertem Applaus hatten wir noch die wichtige Aufgabe, dem Künstler mitzuteilen, dass wir seine Gastgeber des folgenden Abends sein würden und dass es diesen komischen Ort "Montabaur" tatsächlich gibt. Ob Pelle Zweifel daran hatte, ist nicht bekannt, aber er schien sichtlich erfreut zu sein, dass wir bereits zum Kölner Auftritt erschienen waren. Anschließend begaben wir uns prompt zurück in den Westerwald und freuten uns gespannt auf den nächsten Abend.



Setliste:

Oh no! It's happening again
Musikbyrån makes me wanna smoke crack
1983 (Pelle & Sebastian)
Replaceable?
Fly me to the moon
I love you, you imbecile
"Loser of the century"
Metal to metal

Sunday, lovely sunday (Edson)
Because I'm worth it
Crying all the way to the pawnshop
How I broke my foot and met Jesus
Salt
Go to hell, Miss Rydell
Riverbank
Clever girls like clever boys much more than clever boys like clever girls

Pamplona

I believe in a thing called love
Tired of being PC

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